Sofortbild-Revival: Die Leica Sofort im Test
Die einen sagen: „Unsinn!“ Die anderen „Ohhhh!“ Wir sagen zum Revival der Sofortbild-Kameras: „Wollen wir ausprobieren!“ Haben wir gemacht, stellvertretend mit dem Modell Sofort von Kamera-Pionier Leica.
Der Retro-Trend hält an: Nachdem Hersteller moderne Technologie in Oldtimer-Gehäuse verbaut haben, kommt jetzt die alte Idee des Sofortbildes in modernen Gehäusen zurück.
Look & Feel
Die Leica Sofort sieht auf den ersten Blick anders aus: Sie ist eher quadratisch, was bei normalen Fotoapparaten selten ist. Unser Testgerät ist weiß, Leica verkauft es auch in Mint und Orange. Das Design ist auf stylisch schlicht ausgelegt. Im Vergleich zu anderen aktuellen Sofortbildkameras punktet die Sofort jedoch mit mehr Eleganz und weniger Pop.
Von vorn sticht das im Verhältnis mächtige Objektiv ins Auge, das 70 Prozent der Front einnimmt. Selbst das rote Leica-Logo ist dezent und zurückhaltend platziert; Understatement der deutschen Kamerabauer. Neben dem Blitz und dem analogen Sucher befindet sich nur noch ein Zugeständnis an die Generation Selfie: ein Spiegel.
Auf der Hinterseite befinden sich die Klappe für den Analogfilm und das Fach für den Akku sowie die wenigen Einstellmöglichkeiten und das monochrome Display.
Insgesamt ist die Form allerdings alles andere als ergonomisch. Die Kamera liegt nicht gerade gut in der Hand und man braucht etwas Fingerakrobatik, um beim Knipsen an den Auslöser zu kommen.
Fotografieren
Bilder zu schießen ist mit der Sofort denkbar einfach: Motiv suchen und abdrücken. In der Werkseinstellung ist die Kamera auf Aufnahmen von Motiven in Abständen von 0,6 bis drei Metern eingestellt, sprich Selfies oder Portraits. Am äußeren Ring des Objektivs lässt sich dies mit einem kurzen Dreh auf drei Meter und mehr (Landschaftsaufnahmen, -Szenen) erweitern.
Es gibt zudem die vier Motivprogramme Selfie (0,3 - 0,6 m), Feier (0,6 - 3 m), Sport (0,6 - 3 m) und Makro (0,3 - 0,6 m), die Verschlusszeit und Belichtung anpassen. Die Optionen Doppelbelichtung (0,6 - 3 m) und Langzeit-Aufnahme (3 m - ∞) schließen das Funktionspaket ab.
Kälte verzögert Entwicklung
Nach dem Auslösen kommt das Foto direkt aus der Kamera. Zunächst ist also noch wenig zu erkennen. Dort, wo das Bild sein soll, ist alles weiß. Klar, Sofortbilder entwickeln sich ja erst außerhalb der Kamera.
Ich habe bei einem kalten Winterspaziergang einige Bilder gemacht und musste feststellen, dass Kälte die Entwicklungszeit erheblich verlängert. Bis zu zehn Minuten dauerte es teilweise, bis sich das Bild ganz zeigte. Fotos, die bei Zimmertemperatur geschossen wurden, brauchten hingegen maximal eine halbe Minute. Ob sich Kälte insgesamt auf das Ergebnis auswirkt, blieb unklar.
Bildqualität
Knapp 6 x 4,5 cm sind die Bilder groß, die aus der Leica Sofort kommen. Das ist nur unwesentlich größer als ein durchschnittliches Passbild – wenig Raum für Motiv und Bildqualität; letztere rangiert von enttäuschend blass, grell bis angenehm scharf.
Alles in allem bleiben mir die Farben jedoch zu sehr im Hintergrund und das Bild wirkt eher flach, kaum plastisch. Meine Kollegin bezeichnete diese Bildqualität hingegen begeistert nostalgisch als „antiken Touch“. Und im Grunde hat sie Recht. Die Fotos lassen sich mit den alten Polaroid-Bildern aus meiner Kindheit vergleichen. Und das scheint ja auch der Retro-Auftrag der Sofort zu sein.
Kunst und Spaß
Bei der Leica Sofort stehen Kunst und Spaß im Zentrum. Wer auf Reisen oder der Konfirmation des Sohnes Fotos machen will, sollte lieber zu einer anderen Technik greifen. Jedes Bild oder besser jedes Motiv will gut ausgewählt sein. Hier gibt es keine zehn Versuche, bis das Foto „etwas geworden“ ist. Jedenfalls nicht, wenn dafür nicht ein ganzer (kostspieliger) Film verknipst werden soll.
Im Gegenteil, wer mit einer Sofortbildkamera konsequent unterwegs ist, der lebt mit den kleinen Fehlern, den Unschärfen in einigen Bildern. Der liebt diese eher unsauberen Fotos, erhebt sie zu seiner ganz eigenen Kunst und freut sich über die gewisse Dynamik, die zuweilen nur auf Sofortbildern festgehalten wird, ähnlich wie bei einem Passfotoautomaten.
Kosten
Die Leica Sofort kostet 279 Euro und ein Farbfilm für zehn Bilder schlägt mit rund zwölf Euro zu Buche. Ein Doppelpack mit zweimal zehn Bildern kostet 20 Euro. Es gibt auch einen Monochrom-Film (Schwarz-Weiß-Aufnahmen) für 14 Euro.
Alternative: Die vergleichbare Fujifilm Instax Mini 90 kostet etwa 140 Euro, also knapp die Hälfte. Die Funktionen sind identisch, die Filme sind die gleichen. Da Leica ohnehin die Sofort in Kooperation mit Fujifilm entworfen hat, könnte sich ein Blick auf den Mitbewerber lohnen.
Fazit
Bei Sofortbildkameras darf nicht hinterfragt werden, ob Bildqualität und Kosten in einem Verhältnis stehen. Bei dieser Art Fotografie steht das Spontane im Vordergrund, die künstlerische Darstellung eines Moments. Es ist eine bewusste Entscheidung für eine Ästhetik, die sich im Zeitalter der Digitalfotografie stark verändert hat und höchstens von der einen oder anderen Smartphone-App wieder aufgegriffen wird.
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