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Seltsame Masche mit dem Drehkreuz Empörung über Preiserhöhung bei McFit

McFit-Mitgliedschaften sind zum 1. April teurer geworden, auch bei Altverträgen. Die Zustimmung der Kunden will das Unternehmen auf ungewöhnliche Weise einholen. Ist das rechtens?
McFit-Filiale in Berlin: »Durch das Passieren des Drehkreuzes erklärst du diese Zustimmung«

McFit-Filiale in Berlin: »Durch das Passieren des Drehkreuzes erklärst du diese Zustimmung«

Foto: DER SPIEGEL

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Preiserhöhungen bringen es mit sich, dass sich Kunden darüber aufregen. Im Fall von McFit aber ist im Netz derzeit ein besonderer Mix aus Wut und Ungläubigkeit  darüber zu beobachten, mit welcher Strategie die Fitnesskette mehr Geld von ihren Mitgliedern verlangt. Auf seiner Facebook-Seite etwa wird McFit »Hinterlist« vorgeworfen  und auf Twitter postet jemand das Foto eines Studio-Eingangs  und fragt, ob es »eigentlich legal sein« könne, wie das Unternehmen vorgeht. Was ist da los beim Fitnessdiscounter?

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Im Kern geht es darum, dass McFit die Monatspreise zahlreicher laufender Verträge, die bislang bei 19,90 pro Monat oder teils niedriger lagen, auf 24,90 Euro erhöhen möchte. Verglichen mit anderen Fitnessstudios ist das noch immer günstig. Für Ärger sorgte jedoch bereits der Zeitpunkt, an dem McFit seine Preisanpassung ankündigte: Am 23. März informierte das Unternehmen betroffene Kunden per E-Mail, dass diese schon ab dem 1. April mehr zahlen sollen.

»Um dir weiterhin deinen Lieblingssport bei McFit zu ermöglichen, müssen wir – auch unter Berücksichtigung des veränderten Marktumfelds – die Preise für dein Vertragsmodell anpassen«, hieß es in der Nachricht, in der den Kunden auch neue Zusatzleistungen versprochen wurden. Die Pandemie und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft seien an der Fitnesskette »nicht spurlos vorbeigegangen«.

Den Worten ließ McFit schnell Taten folgen: Einige Mitglieder der Kette berichteten, dass ihnen tatsächlich bereits ab dem 1. April der neue Preis abgebucht worden sei. Auf die Möglichkeit, der Preiserhöhung zu widersprechen – über die sich viele Mitglieder auf Online-Plattformen wie mydealz austauschten  – hatte McFit in seiner Nachricht nicht hingewiesen.

Viele Studios waren über Monate geschlossen

Was den Preisanstieg zusätzlich pikant macht: Während der Lockdowns waren auch die McFit-Studios über Monate geschlossen, Mitgliedern wurde standardmäßig jedoch weiter ihr Monatsbeitrag abgebucht. Schon diese Entscheidung des Unternehmens hatte viele Kunden verärgert. McFit verwies damals darauf, dass Kunden die Monate, in denen sie nicht im Studio trainieren konnten, später einmal an ihre Mitgliedschaft angehängt bekommen – jedoch erst, sobald diese offiziell beendet ist .

Für den jüngsten Aufreger sorgt nun die Art, wie McFit versucht, eine Zustimmung seiner Mitglieder zur Preiserhöhung einzuholen. An den Eingängen vieler Studios finden sich seit Kurzem Hinweisschilder. »Für die geplante Beitragsanpassung benötigen wir deine Zustimmung«, heißt es darauf. »Durch das Passieren des Drehkreuzes erklärst du diese Zustimmung.«

Je nach Filiale springt der Text mehr oder weniger ins Auge, zugleich scheint es unrealistisch, dass ihn jedes Mitglied in Gänze studiert – zumal er lediglich auf Deutsch gehalten ist. So wird wohl auch nicht jeder den Hinweis im zweiten Textteil wahrnehmen. Dort heißt es: »Bist du damit nicht einverstanden, kannst du trotzdem trainieren, aber musst dich bitte vor dem nächsten Studiobesuch bei unserem Customer Service melden.« Dazu wird auf eine Telefonnummer und auf ein Online-Formular verwiesen .

In anderen Worten: Wer möchte, kann der Beitragsanpassung auch widersprechen. Unklar bleibt, ob McFit einem dann irgendwann den Vertrag kündigt oder ob man einfach bis zum Ende der regulären Vertragslaufzeit den bisherigen Beitragssatz weiterzahlt. Zu erwähnen ist hierbei noch, dass die allgemeinen Geschäftsbedingungen von McFit eine Beitragsanpassung nur in einem Fall vorsehen, der derzeit nicht gegeben ist: »Sind auf dem Vertragsdeckblatt monatliche Beiträge vereinbart, ist McFit berechtigt, den monatlichen Beitrag zu erhöhen, wenn sich der gesetzliche Umsatzsteuersatz erhöht, wobei sich die Erhöhung auf den erhöhten Umsatzsteuersatz beschränkt.«

So läuft es in einer Berliner Filiale

In einer Berliner Filiale der Kette waren am Freitag drei wortgleiche Hinweise auf die Beitragsanpassung im Eingangsbereich platziert. Skizziert wurde die Regel klein gedruckt am Mitgliedskartenscanner beim Drehkreuz, ebenso aber mit einem Aufsteller am Personaltresen und einem Aushang an einer Glasscheibe am Studio-Eingang.

In einem Berliner Studio steht auch auf dem Personaltresen ein Hinweis

In einem Berliner Studio steht auch auf dem Personaltresen ein Hinweis

Foto: DER SPIEGEL

Von einem Mitarbeiter hieß es, wer der Preiserhöhung schriftlich widersprochen und zumindest die Eingangsbestätigung erhalten habe, könne wie gehabt trainieren. Dazu muss man wissen: Wer sich schriftlich an McFit wendet, bekommt derzeit eine automatische Rückmeldung, in der das Unternehmen für das Beantworten von Anfragen »circa sieben Werktage« veranschlagt, »aufgrund des derzeit erhöhten Aufkommens an Anfragen«.

Das sagen Experten

Seine ungewöhnliche Drehkreuz-Regelung hatte McFit am 19. April per E-Mail angekündigt. Besonders kundenfreundlich wirkt das Vorgehen nicht, weil es viel leichter gemacht wird zuzustimmen als zu widersprechen. Aber ist es auch juristisch falsch? »Im deutschen Zivilrecht gibt es grundsätzlich keinen Formenzwang«, sagt Rechtsanwalt Michael Fuhlrott, man kann Verträge also auch formlos schließen oder ändern. »Notwendig ist aber stets, dass eine Zustimmung erfolgt, also eine entsprechende Willenserklärung abgegeben wird.« Zustimmung durch Schweigen gibt es da nicht.

Trotzdem ist die Drehkreuzmasche für McFit riskant. »Das Passieren des Drehkreuzes kann nur als ausreichende Zustimmung angesehen werden, wenn die Kunden auch wissen, dass sie damit eine rechtserhebliche Handlung vornehmen«, sagt Fuhlrott. »Hier sehe ich erhebliche Probleme.«

Käme es darüber zum Streit, müsste McFit nachweisen, dass die Kunden über alle Folgen im Bilde sein konnten. Ob die Hinweise am Studioeingang dafür ausreichen, müsste ein Gericht entscheiden. »Auch wenn der Anbieter vorab seinen Kunden eine solche E-Mail schickt, ist damit nicht sichergestellt, dass diese auch zur Kenntnis genommen wird«, sagt Fuhlrott. Die Benachrichtigung, über die sich viele Kunden nun ärgern, könnte in diesem Punkt ihren Zweck verfehlt haben.

Zweifel am Vorgehen von McFit hat auch Thomas Bradler, ein Jurist der Verbraucherzentrale NRW. Er sagt: »Auch wer bereits durch das Drehkreuz spaziert ist, ohne zu wissen, was das für ihn bedeutet, hat in meinen Augen keine wirksame Zustimmung erteilt und kann der Preiserhöhung immer noch widersprechen.« Wäre er in dieser Situation, so Bradler, würde er das »schnellstmöglich« tun, zum Beispiel über die angegebene Telefonnummer oder über McFits Online-Formular , in dem es einen Punkt namens »Preisanpassung« gibt.

McFit selbst hat mehrere Nachfragen des SPIEGEL zum Thema bislang nicht beantwortet.

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