Die Virtual-Reality-Welt brodelt – die PlayStation VR ist da! Doch der Ansturm verlief eher verhalten, zum Start am 13. Oktober waren nur wenig VR-Brillen für die PlayStation 4 im Handel erhältlich. Die Vorbesteller hatten den Markt abgegrast. Demenstsprechend ruhig ist es derzeit um die Cyberbrille. Werbung auf Bussen, XXL-Plakate oder TV-Spots? Fehlanzeige! Anders als zum Start der erfolgreichen Konsole, ist der Hype-Zug noch nicht einmal abgefahren. COMPUTER BILD hat sich eines der rar gewordenen Exemplare gesichert und verrät im großen Test, ob sich das Aufspringen lohnt – oder die PlayStation VR eine Technik-Enttäuschung wird.

Ausgangslage: Sony gegen Oculus und HTC


Oculus Rift und die Vive von HTC sind schon seit dem Frühjahr auf dem Markt, auf die Verkaufsversion von Microsofts HoloLens warten Sie noch eine ganze Weile. Ob es Sony gelingt, mit seinem massentauglichen Ansatz den mittlerweile ins Stocken geratenen Absatz für VR-Produkte erneut anzukurbeln, werden die kommenden Wochen bis zum wichtigen Weihnachtsgeschäft zeigen. Denn: die Strategie ist eine andere! Der japanische Elektroriese setzt auf einen deutlich preisgünstigeren VR-Einstieg, statt wie die Konkurrenz auf sündhaft teure High-End-Technik. Mit einem Verkaufspreis von 399 Euro ist die PlayStation-VR-Brille beinahe nur halb so teuer als ihre VR-Rivalen. Darunter leidet dann allerdings auch die Bildqualität ...
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Schmackhafter Kabelsalat: Die PlayStation VR setzt auf (zu) viele Kabel.
Foto: COMPUTER BILD

Einrichtung: Was für ein Kabelsalat


Doch bevor es ans Technik-Eingemachte geht, wartet zunächst einmal die Einrichtung der süßen Virtual-Reality-Versuchung. Bevor Sie sich in virtuelle Welten stürzen, müssen Sie allerhand Gerätschaften anschließen und aufbauen. Sony legt dafür eine ausführliche und bebilderte Anleitung bei und gibt nach dem Anschließen ein kleines, interaktives Tutorial. Selbst die Kabel sind durchnummeriert. Idiotensicher, würde der geneigte Leser nun meinen. Und das ist das Anschließen eigentlich auch – wenn da nicht der schier endlose Kabelsalat wäre. Nehmen Sie sich bei der gut fünfzehnminütigen Einrichtung für das ordentliche Anschließen der ganzen Kabel lieber etwas mehr Zeit und verlegen Sie das Gewusel gleich ordentlich und geordnet. Das macht das Kabel-Chaos – das sich problemlos mit den großen PC-Lösungen von Oculus- und HTC messen kann – zumindest etwas erträglicher. COMPUTER BILD hilft Ihnen bei der Einrichtung: In der nachfolgenden Textstrecke finden Sie eine ausführliche Anleitung inklusive Testvideos.

Display: Pixelmatsch statt High-End-Lösung


Die VR-Brillen-Bewegung steht und fällt mit der Technik. Doch schon beim ersten Blick in das marktreife Modell der PlayStation VR zeigt sich, dass Sony hier an der falschen Stelle gespart hat. Der helle und kontrastreiche OLED-Bildschirm kommt bei einer Bilddiagonale von 5,7 Zoll (vergleichbar mit Samsungs inzwischen ausrangiertem Galaxy Note 7) auf die inzwischen übliche Full-HD-Auflösung (1920x1080 Pixeln), sprich 960x1080 pro Auge. Zum Vergleich: HTC Vive und Oculus Rift kommen auf 1200x1080 – das sind Welten! In der Smartphone-Gemeinde hauen diese Zahlen bei gleicher Zollangabe in Zeiten von QHD (2560x1440 Pixel) und 4K (3840x2160 Pixel) wahrlich keinen mehr vom Hocker. Allerdings hält dort auch niemand das Smartphone wenige Zentimeter vor die Augen. Überraschend einstimmig fiel das Fazit von den dutzenden Testkandidaten aus: „Pixelmatsch!“, „ist das immer so unscharf?“ oder „wo ist denn die Dioptrin-Anpassung?“. Die Umschreibungen waren vielschichtig, die Enttäuschung immer gleich. Und wenn selbst passionierte Hobby-Rennfahrer in „DriveClub VR“ den Kurvenscheitelpunkt verpassen, weil durch zu wenig Pixel der Überblick verloren geht, dann sagt das alles über die Wirkung der Sony-Brille aus. Eine Dioptrin-Verstellung oder ein Ändern des Augenabstandes ist nämlich nicht möglich. Sony hätte gut daran getan, die Auflösung mit einem besseren Bildschirm auszustatten – koste es, was es wolle.
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Nein, hier ist kein Pixel-Filter drauf: die Auflösung der PlayStation VR lässt tatsächlich zu wünschen übrig.
Foto: COMPUTER BILD

Technik: Es gibt auch viel Gutes


Die mangelhafte Auflösung ist die große und direkt ersichtliche Schwachstelle der PlayStation VR. Ob langjähriger VR-Experte oder kompletter VR-Neuling, alle Tester waren mit der überschaubaren Pixel-Anzahl nicht zufrieden. Dabei kann sich der Rest des Bildschirms sehen lassen: Sei es mit der eindrucksvollen Bildrate von 120 Hertz (die Vive komt nur auf 90 Hertz), dem vorbildlichen und sehr gelungenen 3D-Effekt oder dank der mit 18 Millisekunden verzögerungsfreien Reaktionszeit. Auch das nahezu komplett ausgefüllte, runde Blickfeld vermittelt mit seinem fast 100 Grad großen Sichtfeld eine realistisches Spielgefühl. Kleinere Farbsaumen mindern zwar das Sehvergnügen etwas, durch das genaue Positionieren der Brille vor den Augen lässt sich das aber verhindern. Allerdings muss der Spieler dafür auch immer wieder nachjustieren. Gut: störende Bewegungsunschärfe ist kaum auszumachen und auch die von günstigeren Smartphone-Brillengestellen bekannte Randunschärfe ist sehr gering.
PlayStation VR: Revolution oder Elektro-Schrott? Sonys VR-Brille im Test! XXX
Die clevere PSVR-Technik überzeugt. Die Schwachstelle ist die zu geringe Auflösung. Gerade anfangs ist das Gesehene ernüchternd, später gewöhnen sich die Augen daran.
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Komfort: Passt gut!


Generell setzt Sony auf ein cleveres Technik-Grundgerüst. Auch, weil die Japaner die Prozessoreinheit einfach nach draußen in einen kleinen Extra-Kasten verlegt haben. Die Mini-PlayStation reduziert zwar nicht die Fülle an Kabeln, macht die Brille an sich aber spürbar leichter. Im Vergleich zur Oculus Rift und HTC Vive ist der Tragekomfort dadurch höher. Einzig das Verstellen des unflexiblen Plastik-Kopfbandes per Fixierungs-Drehrad dürfte etwas intuitiver ausfallen, zumal das dünne Plastik unter der ständiger Belastung früher als Gedacht brechen könnte. Ein weiteres Manko, das sich gerade bei intensiven Fuchtel-Hampeleien negativ auswirken könnte: Die VR-Brille hat vorne baubedingt etwas zu viel Spiel, wackelt bei schnellen Bewegungen schnell hin und her.

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Prinzip: Was macht das Licht? Es leuchtet Blau!


Die elementare, allerdings nicht (!) im Lieferumfang enthaltene PlayStation Kamera (kostet 60 Euro) erfasst die neun in der Brille eingebauten LEDs. Die Lichtpunkte leuchten kontinuierlich blau, sodass das Spielen auch bei wenig Licht möglich ist. Die enthaltene Zusatz-Technik rechnet dann im Bruchteil eines Augenblicks zuverlässig und präzise und auch nach vielen Spielestunden erstaunlich zuverlässig die Position des Spielers aus. Das trifft auch auf den Dualshock-4-Controller zu, der mit seiner Leuchtleiste auf das gleiche Prinzip setzt.
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LEDs sind das Zauberwort: die leuchtenden Punkte helfen der PlayStation VR dabei, die Position des Spielers exakt zu bestimmen.
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Bedienung: Ohne Moos nix los!


Dualshock 4? Sie lesen richtig! Ein Großteil der Spiele lässt sich mit dem traditionellen Gamepad steuern. Die kostenlose Minispielsammlung „Playroom VR“ nutzt zusätzlich noch das Touchpad und seine Wisch-Gesten, zum Beispiel beim Verschießen von Raketen. Das mag sich heimisch anfühlen, ist für den Aufbruch in fremde VR-Welten allerdings der falsche Ansatz. Umso cleverer ist Sonys Idee, die in die Jahre gekommenen Move-Controller einzusetzen. Mithilfe der leuchtenden Gummikugel erkennt die PlayStation Kamera die beiden Einhandgeräte problemlos, die durch ihre Bauform eine gelungene Erweiterung der menschlichen Hand sind.
PlayStation VR: Revolution oder Elektro-Schrott? Sonys VR-Brille im Test! PlayStation Kamera (vorne links) und die Move-Controller sorgen für ein beeindruckendes VR-Gefühl. Dummerweise gehören beide nicht zum Lieferumfang, müssen extra erworben werden.
PlayStation Kamera (vorne links) und die Move-Controller sorgen für ein beeindruckendes VR-Gefühl. Dummerweise gehören beide nicht zum Lieferumfang, müssen extra erworben werden.
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So lassen sich diese als virtuelle Hände benutzen, was für ein ganz anderes VR-Gefühl sorgt. In „Batman Arkham VR“ etwa haben Sie wirklich das Gefühl, im Körper der Fledermaus einen Batarang auf die Gegner abzufeuern. Mehr Imersion geht nicht – und das lässt die meisten Spieler nach einiger Zeit auch die enttäuschende Bildqualität vergessen. Das lässt sich Sony aber gut bezahlen: Sportliche 80 Euro werden für das noch von der PlayStation 3 bekannte Fuchtel-Duo fällig! Da sich an den außergewöhnlichen Controllern seitdem nichts geändert hat – sogar der angestaubte Mini-USB-Anschluss ist geblieben, lohnt sich ein Blick in den Keller oder auf dem Gebrauchtmarkt.

PlayStation VR: Überblick über die Spiele


Zum Start der PlayStation VR erwartet Sie ein Haufen Spiele – viel mehr als beim Launch der PlayStation 4 etwa. Dafür sind unter den gut 20 Titeln kaum „vollwertige” Games. Viele Titel sind Spielesammlungen, kurze, eher arcadige Erfahrungen und 3D-Demos. Was Sie sich in jedem Falle vormerken sollten: Der neuen Croft-Mansion-Abschnitt von „Rise of the Tomb Raider – 20 Year Celebration”, den Space-Shooter „Eve Valkyrie” und die gruselige Kitchen-Demo von „Resident Evil 7”. In der Galerie oben finden Sie alle zum Starttag erhältlichen und in Zukunft erscheinenden Spiele.

PlayStation VR: PC-Umsetzung möglich?


Mit einem Anschaffungspreis von 460 Euro zählt Sonys PlayStation VR zu den günstigsten Cyberbrillen. Bislang freuen sich über diesen Umstand nur PS4-Spieler. Doch auch PC-Zocker dürfen sich offenbar mit dem Gedanken anfreunden, der PlayStation VR Vorzug vor Oculus Rift & Co. zu geben. Wie Sony-Mitarbeiter Masayasu Ito einem Medienbericht zufolge gegenüber einem japanischen Magazin verriet, zieht das Unternehmen eine Veröffentlichung von PlayStation VR für Heimcomputer in Erwägung. Zwar gebe es noch keine konkreten Pläne und die Versorgung der PlayStation 4 habe nach wie vor Vorrang, aufgrund der technischen Ähnlichkeit der Konsole zum regulären PC sei der Schritt jedoch naheliegend. Dabei wäre die Unterstützung des PCs laut Ito nur eine von vielen Möglichkeiten, das Einzugsgebiet der PlayStation VR auszubauen. Der Japaner geht davon aus, dass man mit der Cyberbrille in diverse Bereiche expandieren werde.

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PlayStation VR: Termin und Preis


Auch, wenn das von Sony angepeilte erste Halbjahr 2016 nicht eingehalten werden konnte – erscheint die Playstation VR jetzt endlich! Ab dem 13. Oktober ist die VR-Brille im Handel. Mit einem Anschaffungspreis von schlappen 460 Euro (inklusive Kamera!) zählt Sonys PlayStation VR noch zu den günstigsten Cyberbrillen, sofern Sie bereits eine PlayStation 4 besitzen. Zum Vergleich: Für Oculus Rift und HTC Vive berappen Sie immerhin gleich 650 und 699 Euro!