Ich sollte vorausschicken, dass ich ein Neuling im Flugzeug-Cockpit bin. Doch als der Microsoft Flight Simulator für die Xbox endlich im Game Pass auftauchte, war es direkt mit dem ersten Rundflug um mich geschehen. Nach etlichen Jahren hinterm Lenkrad mit Gas und Bremse ging es nun um Schub, Seitenruder, Fahrwerk, Trimmung, Rollen, Landeklappen und vor allem darum, herauszufinden, welche Taste was macht. Trotzdem ist die Einstiegshürde beim MS Flight Simulator beherrschbar. In der Luft ist ja Platz, oder besser gesagt Raum, aber beim Landeanflug kann so ein Rollfeld schon mal sehr klein werden. Ein Flugsimulator ist eben ein Simulator und kein Actiongame, wo man ordentlich rumhantiert. Es geht um feine, gefühlvolle Bewegungen. Und dafür haben Sie standardmäßig nur einen winzigen Stick auf dem Controller zur Verfügung, der von links nach rechts nicht mal zwei Zentimeter zurücklegt.
Turtle Beach VelocityOne Flight
Vorne rechts der Standard-Controller, links der Thrustmaster T-Flight Hotas One und hinten der Turtle Beach VelocityOne Flight. So weit, so gut.
Foto: COMPUTER BILD / Michael Huch
Schnell kam der Wunsch nach einer präziseren Steuerung auf, die durch einen Thrustmaster T-Flight Hotas One auch für knapp 80 Euro befriedigt wurde. "HOTAS" ist ein Akronym für "Hands On Throttle And Stick". Zwischenstand: Ein großer Joystick mit kleinem Rundblickschalter, ein dicker Schubregler, die typischen A/B/X/Y-Tasten der Xbox und 14 weitere Knöpfe.
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Turtle Beach VelocityOne Flight

Turtle Beach VelocityOne Flight
Achtung, jetzt kommt ein Karton! Lieferumfang des Turtle Beach VelocityOne Flight.
Foto: COMPUTER BILD / Michael Huch
Dann erfuhr ich vom Turtle Beach VelocityOne Flight, einem stattlichen Steuersystem (Länge: 483 mm, Breite: 496 mm, Höhe: 183 mm) mit etlichen Knöpfen, Rädchen, Sticks und Hebeln für fast 400 Euro! Eigentlich übertrieben für einen Novizen wie mich, aber ich wollte es trotzdem ausprobieren. Also Testexemplar angefordert und Tomatensaft kalt gestellt. Schon die Größe der Verpackung des Turtle Beach VelocityOne Flight macht deutlich, dass man den nächsten Level der virtuellen Fliegerei freischaltet. Im Karton steckt ein großes 180-Grad-Steuerhorn, dass man reindrücken und rausziehen kann. Pro Daumen gibt es einen 8-Wege-POV-Schalter ("Point of View") und einen weiteren 4-Wege-Schalter. Dazu kommen vier große Schultertasten, zwei weitere Knöpfe, die acht Standard-Xbox-Tasten und ein Farbdisplay (320x240 Pixel) mit vier Steuertasten.
Turtle Beach VelocityOne Flight
Foto: Turtle Beach
Daran hängt, solide verklipst, der Schubquadrant mit vier großen Hebeln für Jets, die initial einmal rasten und dann stufenlos verstellbar sind. Stufenlos und geschmeidig lässt sich auch das große Trimmrad bedienen, womit Sie die Höhenausrichtung justieren. Zudem gibt es drei weitere Schubregler, die unter den zehn beleuchteten Knöpfen angeordnet sind und die die Bedienung kleinerer Propellermaschinen nachempfinden.
Turtle Beach VelocityOne Flight
Die Schubregler kann man mit den mitgelieferten Varianten individualisieren. Abziehen, draufstecken, fertig.
Foto: COMPUTER BILD / Michael Huch
Zum Befestigen verstecken sich zwei Metallklammern im Gehäuse, die mit einem dicken Inbus angezogen werden können, der unter einer per Magnet verschlossenen Klappe auf seinen Einsatz wartet.
Turtle Beach VelocityOne Flight
Unter der Magnetklappe versteckt sich der Zugang zu den Metallklemmen und das passende, robuste Werkzeug.
Foto: COMPUTER BILD / Michael Huch
Zusätzlich befinden sich auf der Unterseite Gewinde für Schrauben (enthalten). Gut so, denn es ist notwendig, das VelocityOne Flight stabil zu befestigen. Ob die 4 großen Klebebandstreifen reichen, habe ich nicht ausprobiert. Für meinen Geschmack war mein Wheelstand für Lenkräder schon leicht überfordert und ich hatte den Eindruck, dass die Anforderungen noch höher sind, weil man das Steuerhorn auch noch reindrückt und herauszieht. Da Flugmanöver relativ feinfühlig ausgeführt werden, beeinträchtigt jede ungewollte Bewegung aus einer nicht stabilen Halterung den Spielspaß und die Präzision. Den T-Flight-Hotas-Steuerknüppel kann ich mir dagegen auf den Schoß stellen. Die Verarbeitung des VelocityOne Flight macht einen soliden Eindruck, Tasten, Hebel und Knöpfe reagieren, wie man es erwartet. Doch wer in Panik richtig reinlangt, wird bemerken, dass man die Hörnchen des Lenkrads schon eine Spur mehr verwinden kann, als man es in dieser Preisklasse erwartet hätte. Dafür stimmen die Oberflächen, die Ergonomie und die Griffigkeit. Eine Klinkenbuchse für Headsets rundet die Ausstattung ab.
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Aufbau und Einrichtung

Der Aufbau und die Einrichtung sind einfach. Der Schubquadrant am Steuerrad einrasten, per USB-Typ-C-Kabel verbinden und das Lenkrad per USB-Kabel an die Xbox (oder den PC) stöpseln. Ohne Force Feedback braucht es keine weitere Stromversorgung. Schade eigentlich, denn ein kleiner Ruckler beim Touchdown und das typische Rubbeln beim Bremsen wären die Kirschen auf der Torte gewesen. Die Kabelage (1 und 2 Meter) ist im Lieferumfang enthalten und trägt mit ihrer Textilummantelung zum hochwertigen Gesamteindruck bei. Nach dem Anstöpseln wird die Peripherie an der Xbox automatisch erkannt und es kann sofort losgehen – theoretisch. Allerdings hatte ich zum Anfang wieder das alte Problem: Wo ist der Knopf fürs Fahrwerk, wo ist die Parkbremse, wo ist die Bremse, wo sind die Landeklappen? Die Konfiguration im Flight Simulator erschloss sich mir nicht sofort, denn anstatt einer Abbildung des betroffenen Knopfs und der Beschriftung am Steuerrad (B1, POV-1. HAT-1, POV-2...) bekommt man eine Nummer, die man irgendwie zuordnen muss. Aber hey, hier geht es ja schließlich um eine Flugsimulation und nicht um Candycrush. Da muss man schon etwas Einarbeitungszeit einkalkulieren.
Einen Aha-Effekt gab es beim Einschalten, denn die Tasten leuchten dank RGB-LEDs in der gewünschten Farbe. Im Lieferumfang sind zwei Panels, etliche Sticker und Folien, womit man das Cockpit nach seinen Vorstellungen beschriften kann.
Turtle Beach VelocityOne Flight
Bastelstunde: Zur individuellen Beschriftung des Cockpits finden sich Trägerplatten und Sticker im Lieferumfang.
Foto: COMPUTER BILD / Michael Huch
Größtes Manko für mich: Noch geht es nicht, dass beispielsweise die Parkbremse nur dann leuchtet, wenn sie aktiviert ist, oder der Knopf für das Fahrwerk in Rot oder Grün leuchtet. Das würde die Übersicht deutlich verbessern. Der Hersteller beabsichtigt, diese Funktion per Update nachzuliefern. Das Display zeigt Statusmeldungen, Cockpit-, Navigations- und Antriebssysteme und Warnungen. Man braucht auf jeden Fall Zeit, um sich einzurichten und einzugewöhnen. Dann ist die Bedienung toll und man fühlt sich noch viel mehr als Pilot, als mit den Standard-Steuermöglichkeiten. Im Menü muss wie beim T-Flight Hotas One gelegentlich der Standard-Controller unterstützen. Sind die Voreinstellungen erledigt, wird er nicht mehr gebraucht. Die Hauptsteuerelemente des Turtle Beach VelocityOne Flight kann man intuitiv bedienen. Die Präzision der Flugmanöver profitiert von den Ausmaßen des Controllers und den vergleichsweise großen Lenkwinkeln. Oft habe ich nach erfolgreicher Landung gehorcht, ob hinter mir nicht doch jemand klatscht.
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Test-Fazit: Turtle Beach VelocityOne Flight

Der Preis gibt die Zielgruppe vor: Der Turtle Beach VelocityOne Flight richtet sich nicht an Gelegenheitsflieger, sondern ambitionierte FluSi-Fans, die Spaß daran haben, in die Tiefen der Konfiguration abzutauchen und jede Taste zu belegen und zu beschriften. Neben 380 Euro braucht man Platz. Der VelocityOne Flight ist nichts, was man mal eben für 30 Minuten aufbaut. Wer die Startvorbereitungen aber erst mal hinter sich gebracht hat, der wird mit einem besonderen Steuererlebnis belohnt, wo Gamepad und Hotas nicht mithalten können.